Gute Stellenanzeigen enthalten klare Aufgaben, faire Benefits und relevante Informationen. Doch eine aktuelle Studie zeigt: Diese Inhalte entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn die Anzeige kognitiv und emotional auch richtig verarbeitet wird.
Ob das geschieht, hängt stark davon ab, wie motiviert und aufnahmebereit ein Mensch in dem Moment ist, in dem er oder sie die Anzeige liest. Das sogenannte Elaboration Likelihood Model (ELM) erklärt, warum sich manche Bewerber eher von optischen Gestaltungselementen angesprochen fühlen als von überzeugenden Argumenten und wann genau das der Fall ist.
In diesem Beitrag lesen Sie:
- Wie das ELM das Verhalten von Bewerbern beeinflusst
- Warum Gestaltung manchmal stärker wirkt als Inhalt
- Und wie Sie dieses Wissen gezielt für Ihre Stellenanzeigen nutzen können
Was beeinflusst die Entscheidung, sich zu bewerben?
Stellenanzeigen sollen informieren und gleichzeitig überzeugen. Doch ob potenzielle Bewerber*innen eine Anzeige überhaupt ernsthaft prüfen oder direkt weiterscrollen, hängt maßgeblich davon ab, wie sie die Informationen kognitiv verarbeiten. Genau hier setzt das Elaboration Likelihood Model (ELM) an. Ein Modell aus der Persuasionsforschung, das zeigt, wie Menschen Informationen aufnehmen und welche Faktoren ihre Entscheidungen beeinflussen.
Das ELM unterscheidet zwei Wege, auf denen eine Botschaft verarbeitet wird:
- Zentrale Route: Der Inhalt wird sorgfältig gelesen und bewertet. Argumente zählen, etwa Entwicklungsmöglichkeiten, Arbeitszeiten oder Benefits.
- Periphere Route: Die Entscheidung basiert auf oberflächlichen Reizen. Etwa dem Layout, einer aufmerksamkeitsstarken Überschrift oder einem ansprechenden Design.
Welche Route gewählt wird, hängt laut ELM von zwei Dingen ab:
- Motivation: Wie wichtig ist die Entscheidung gerade?
- Fähigkeit: Wie viel kognitive Kapazität steht zur Verfügung? (z. B. Zeit, Konzentration, Leseumgebung)
Je höher Motivation und Fähigkeit, desto eher verarbeiten Leser*innen die Anzeige über die zentrale Route und reagieren auf starke Argumente. Bei niedriger Motivation oder begrenzter Aufmerksamkeit dagegen wirken vor allem visuelle Reize. Dann kann ein fettgedruckter Slogan oder ein auffälliges Logo stärker wirken als ein gutes Argument.
Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Gestaltung Ihrer Stellenanzeigen, denn sie zeigt: Nicht jede Zielgruppe liest gleich tief.

Die Studie: Aufbau, Methode, Zielsetzung
Die Studie, auf der dieser Artikel basiert, wurde an der University of Calgary durchgeführt. Ziel war es, zu untersuchen, wie die Gestaltung und der Inhalt von Stellenanzeigen das Bewerbungsverhalten beeinflussen, je nachdem, wie aufmerksam Leser*innen die Anzeigen verarbeiten.
Dazu wurden 112 Personen in vier Gruppen aufgeteilt. Zwei Faktoren wurden dabei variiert:
- Motivation, sich mit den Stellenanzeigen auseinanderzusetzen
- Fähigkeit, die Informationen in Ruhe und vollständig aufzunehmen
Die Kombination aus hoher Motivation und hoher Fähigkeit führte zu einer sogenannten hohen kognitiven Elaboration. Wer dagegen unmotiviert war oder wenig Zeit zum Lesen hatte, zeigte niedrige Elaboration.
Alle Teilnehmenden bekamen 22 reale, aber fiktiv gestaltete Stellenanzeigen aus dem Bereich Verkauf und Verwaltung. Einige dieser Anzeigen enthielten überzeugende Argumente wie Weiterentwicklungsmöglichkeiten oder Zusatzleistungen. Andere setzten vor allem auf visuelle Reize, zum Beispiel durch fettgedruckte Schlagworte, Logos oder grafische Gestaltung.
Die Aufgabe bestand darin, sechs Anzeigen auszuwählen, auf die man sich am ehesten bewerben würde. Anschließend sollten die Teilnehmenden ihre Auswahl begründen.
Der Aufbau der Studie erlaubte es den Forschenden genau zu beobachten, welche Art von Anzeige bei welchen Personen besser ankam. Damit wurde erstmals systematisch getestet, ob Gestaltung und Argumentation in Stellenanzeigen unterschiedlich wirken – je nachdem, wie tief sie verarbeitet werden.
-> Zur Originalstudie: "Recruiting Through Job Advertisements:The Effects of Cognitive Elaboration onDecision Making"
Kernergebnisse: So entscheiden Bewerber*innen wirklich
Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich: Die Entscheidung, sich auf eine Stelle zu bewerben, hängt stark davon ab, wie tief eine Anzeige verarbeitet wird.
Teilnehmende mit hoher kognitiver Elaboration wählten bevorzugt Anzeigen mit starken inhaltlichen Argumenten. Sie achteten zum Beispiel auf Karrierechancen, Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten oder Benefits. Für sie stand der Inhalt im Vordergrund.
Teilnehmende mit niedriger Elaboration hingegen ließen sich stärker von optischen Reizen beeinflussen. Sie entschieden sich häufiger für Anzeigen mit auffälligem Layout, Logos, großen Überschriften oder weißem Raum, selbst wenn diese inhaltlich weniger überzeugend waren.
Besonders interessant:
- Auch die Top-Wahl der Kandidat*innen fiel bei niedriger Elaboration häufiger auf Anzeigen mit rein visueller Überzeugungskraft.
- Die Argumentqualität allein reicht nicht aus, um Bewerber*innen anzusprechen. Die Aufmerksamkeit wird oft zuerst über das Design gelenkt.
Diese Ergebnisse belegen, dass nicht alle Bewerber*innen auf die gleiche Weise entscheiden. Wer gerade intensiv sucht, vergleicht und abwägt, liest Anzeigen ganz anders als jemand, der zufällig über eine Anzeige stolpert.
Für das Recruiting bedeutet das: Sowohl Inhalt als auch Gestaltung entscheiden darüber, ob eine Anzeige wirkt und welche Zielgruppe Sie damit erreichen.
Was bedeutet das für Ihr Recruiting?
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich: Wer Stellenanzeigen erstellt, sollte sich nicht nur auf den Inhalt verlassen. Je nach Situation und Zielgruppe wirken unterschiedliche Elemente, mal sind es die Argumente, mal das Layout.
Wenn Sie aktiv suchende Bewerber*innen ansprechen möchten, die motiviert sind und Zeit mitbringen, dann lohnt es sich, auf inhaltlich überzeugende Anzeigen zu setzen. Klare Formulierungen zu Benefits, Entwicklungsmöglichkeiten oder Unternehmenskultur entfalten hier ihre Wirkung.
Wenn Sie hingegen auch passive Kandidat*innen erreichen möchten, die nur gelegentlich und eher beiläufig nach Stellen suchen, ist es wichtig, die Aufmerksamkeit visuell zu lenken. In diesem Fall können starke optische Reize wie klare Strukturen, hervorstechende Überschriften oder grafische Elemente entscheidend sein.
Die wichtigste Erkenntnis:
Die Wirkung Ihrer Anzeige hängt nicht nur davon ab, was Sie sagen, sondern auch wie Sie es präsentieren. Deshalb sollten Inhalt und Gestaltung immer zusammen gedacht werden und im Idealfall auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt sein.
Praxis-Tipps: So gestalten Sie überzeugende Stellenanzeigen
Die Erkenntnisse aus der Studie lassen sich direkt auf die Gestaltung Ihrer nächsten Stellenanzeige übertragen. Entscheidend ist der richtige Mix aus Argumentqualität und optischer Wirkung. Hier sind konkrete Tipps für beide Ebenen:
Inhaltlich überzeugen: Was Bewerber*innen wirklich wissen wollen
Achten Sie auf klare, relevante und differenzierende Informationen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Entwicklungsperspektiven und Weiterbildungsmöglichkeiten
- Flexible Arbeitszeiten oder Remote-Optionen
- Attraktive Zusatzleistungen (z. B. Jobrad, Gesundheitsbudget, Mobilitätsangebote)
- Hinweise zur Unternehmenskultur und zum Team
- Transparenz bei Gehalt oder Gehaltsrahmen, sofern möglich
Tipp: Je konkreter, desto besser. Allgemeine Floskeln wie „dynamisches Team“ oder „abwechslungsreiche Aufgaben“ verlieren schnell an Wirkung.
Gestalterisch auffallen: So lenken Sie die Aufmerksamkeit
Gerade bei passiven Leser*innen können visuelle Reize den entscheidenden Unterschied machen. Nutzen Sie:
- Klare Gliederung mit Zwischenüberschriften
- Kurze Absätze, Bullet Points statt Textblöcke
- Hervorhebungen durch Fettschrift für zentrale Aussagen
- Genügend Weißraum für bessere Lesbarkeit
- Optional: Logo oder kleine grafische Elemente, die die Arbeitgebermarke sichtbar machen
Tipp: Testen Sie verschiedene Layout-Varianten. Auch kleine Anpassungen können die Performance deutlich verbessern.
Extra-Tipp: Kombinieren Sie beides
Die stärksten Anzeigen kombinieren überzeugende Argumente mit einer klaren, ansprechenden Darstellung. So holen Sie sowohl Leser*innen mit hoher als auch mit niedriger kognitiver Elaboration ab – und erhöhen Ihre Chancen auf passende Bewerbungen deutlich.
Gut zu wissen: Der OnApply Stellenanzeigenmanager berücksichtigt unter anderem genau diese Erkenntnisse aus der Studie. Beim Erstellen Ihrer Anzeige unterstützt das System automatisch mit passenden Vorschlägen für Aufbau, Argumentation und Gestaltung, abgestimmt auf Ihre Zielgruppe. So kombinieren Sie überzeugenden Inhalt mit optimaler Darstellung.

Fazit: Mit dem richtigen Mix zu mehr passenden Bewerbungen
Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie stark die Entscheidung zur Bewerbung davon abhängt, wie tief eine Stellenanzeige kognitiv verarbeitet wird. Bewerber*innen mit hoher Aufmerksamkeit achten vor allem auf inhaltliche Qualität. Wer Anzeigen eher überfliegt, reagiert stärker auf Gestaltung und visuelle Reize.
Für Ihr Recruiting bedeutet das: Setzen Sie auf eine durchdachte Kombination aus Substanz und Form. Nur wenn Argumente klar erkennbar und visuell ansprechend präsentiert werden, entfalten sie ihre volle Wirkung.
Genau hier setzt OnApply an:
Der Stellenanzeigenmanager unterstützt Sie bei der Erstellung Ihrer Anzeige: strukturiert, gezielt und basierend auf Erkenntnissen wie denen aus dieser Studie. So gelingt es, auch unter Zeitdruck ansprechende und wirksame Anzeigen zu erstellen, die zu mehr qualifizierten Bewerbungen führen.
Quelle zur Studie:
Jones, D. A., Shultz, J. W., & Chapman, D. S. (2006). Recruiting through job advertisements: The effects of cognitive elaboration on decision making. International Journal of Selection and Assessment, 14(2), 167–179. https://doi.org/10.1111/j.1468-2389.2006.00343.x